Martha Müller-Grählert



Original
Orthographie Herrmann-Winter mit übersetzung 〉〉

Mi lewt ein Lied in ’n Herzen


Mi lewt ein Lied in ’n Herzen,
Ein wunderschönes Lied,
Ik hür dat in mi klingen
Tau alle Stund un Tied.
Bald is dat grow, bald is dat fin,
Mal driest un mål verlegen,
Doch ümmer is ’t vull Sünnenschien
Un lustig allerwegen.

Un wat ik mag beginnen,
Un wat ik denk un dau,
Dat Lied, dat klingt mi binnen
Un lett kein’n Kummer tau.
Un kümmt ok mal ’ne swere Tied
Vull des’ un jene Sorgen,
„Wes still - wes still!“, so tröst dat Lied,
„Nah Abend ward dat Morgen!“

Un wenn min leiwes Männing
Mal mit mi brummt un grullt,
Wiewoll hei doch natürlich
Stets hett de meiste Schuld,
Denn mahnt dat Lied, dat seute Lied,
Irst fin, denn ümmer grœwer:
„Vergäv, verget, noch is dat Tied!
Gah hen un strak em öwer!“

Makt Sehnsucht un Verlangen
Dat Herz mi schwer un grot:
Ach, set mi doch ein lüttes –
Ein Kind up minen Schot -
Denn klingt ’t in mi so sanft un lies
„Leiw Herz, dau Di nich kränken!
Gott segnet Di up anner Wies,
Alls kann hei Di nich schenken!“

Un wenn ’t mi mål tau mächtig
In ’n Herzen summt un singt,
Denn füg ick fix in Verse
Dat Lied, dat in mi klingt.
Bald is dat grow, bald is dat fin,
Mal driest un mal verlegen,
Doch ümmer is ’t vull Sünnenschien
Un lustig allerwegen.

Meggendorfer Blätter 1907 Nr. 863 (online 00)