Schreibung:
Original 1850 〉〉 - Klaus Groth: Vorwort
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Sophie Dethleffs


De Fahrt na de Isenbahn

Klaus Groth: Vorwort


Am Schluss der vierziger Jahre, kurz vor der Zeit des Kampfes der Schleswig-Holsteiner mit den Dänen, war ein heimisches Lied entstanden, ein Gedicht, das sehr bald über das ganze kriegsgerüstete Ländchen hin bekannt und beliebt war, von dem man schon durch das Gerücht vernommen, ehe man es noch gesehen oder gehört, das in Abschriften verbreitet war, eh es 1850 in Biernatzky’s Volksbuch zuerst gedruckt wurde.
Es war keineswegs ein Kriegslied, ganz im Gegenteil die Beschreibung des friedlichen Landlebens, auch nicht etwa rührend für zurückbleibende Mütter, sondern einfach ein Idyll. Dazu war es ohne einen berühmten Titel oder Namen, es hieß: De Fahrt na de Isenbahn von Sophie Dethleffs. Es erwarb sich allein durch seinen inneren dichterischen Wert seine zahlreichen Freunde und der Verfasserin einen Namen, der nicht ausgelöscht werden kann, so lange eine plattdeutsche Literatur und Sprache besteht.
Ein glücklicher Umstand war es allerdings für das Gedicht und die Dichterin, dass die erste Eisenbahn des einsam abgelegenen Ländchens, die welche Kiel und Hamburg verband und den Weg nach dem Süden von einer Tagesreise auf drei Stunden verkürzte, noch nicht lange eröffnet [1841, P.H.] und für die Mehrzahl seiner Bewohner ein ungesehenes Wunder, ein Gegenstand allgemeinen Interesses und Gespräches war.
Auch die heimische Mundart trug dazu bei, dem Gedicht einen eigentümlichen Reiz zu verleihen. Keiner der Lebenden, ein paar gelehrte Leute ausgenommen, hatte damals irgendein würdiges, rührendes oder ernstes Wort in plattdeutsches Sprache gelesen.
[...]
In den vierziger Jahren, in der Zeit, als Sophie Dethleffs auftrat, war es die allerschlimmste Periode für das Plattdeutsche. Es war nicht bloß dem passiven Untergange geweiht, es wurde positiv verfolgt, nicht nur von einem besonderen Stande, aus besonderen Gründen, sondern von der sogenannten gebildeten Welt im allgemeinen.
[...]
Damals erschien Sophie Dethleffs „Fahrt na de Isenbahn“, und das gesunde Volk von oben bis unten fragte nicht mehr nach seinen verschrobenen Gelehrten und „Gebildeten“, sondern gab sich seiner natürlichen Neigung hin und traf damit instinktiv das Richtige.
De Fahrt na de Isenbahn ist Sophie Dethleffs Hauptwerk und hat mit Recht ihren Ruf begründet.

aus: Sophie Dethleffs: Gedichte in hochdeutscher und plattdeutscher Mundart. 5., vermehrte Aufl. 1878. books.google.de 〉〉