Sass: Regeln für die plattdeutsche Rechtschreibung
1. [Schriftzeichen]
2002/1956: Es werden nur solche Schriftzeichen verwandt, die auch im Hochdeutschen gebräuchlich sind.
1956: (Über eine mögliche Ausnahme vgl. § 7)
2. [Apostroph]
2002: Der Apostroph (das Auslassungszeichen) tritt auf
a) bei verkürzten Artikeln (Begleitern, Geschlechtswörtern) z.B. den = an´n Haven (am Hafen), dat = bi´t Studeren (beim Studieren), de = an´e Kark (an der Kirche), en = ´n beten (ein bisschen)
b) bei verkürzten Pronomen (Fürwörtern), z.B. ik = dat kann ´k nich (ich = das kann ich nicht); se = dat will s´ nich (sie = das will sie nicht), een und man dat schall ´n nich (einer und man = das soll man nicht)
c) bei anderen Verkürzungen nur in direkter Rede, z.B. „Mit´nanner is beter as gegen´anner" („Miteinander ist besser als gegeneinander").
d) zur Silbenkennzeichnung, z.B. de ne´e/nie´e Hoot (der neue Hut), de russ´sche Winter (der russische Winter).
1956: Das Auslassungszeichen (Apostroph) tritt auf
a) bei verkürztem Geschlechtswort (an´n Haven, ´n beten)
b) bei Zusammenziehungen (dat kann ´k nich),
c) gegebenenfalls zur Bezeichnung einer Überlänge (dat Huus, aber de Hüüs´), s. dazu § 13.
3. [Dehnungs-h]
2002: Das Dehnungs-h steht nur in solchen Wörtern, deren hochdeutsche Entsprechungen es enthalten, z.B Stohl (Stuhl), Koh (Kuh), Lehrer, Lihrer (Lehrer).
1956: Das Dehnungs-h steht nur in solchen Wörtern, deren hochdeutsche Entsprechungen es enthalten (Stohl, Koh).
4. [Endsilben ...]
2002: a) Suffixe (Endsilben) werden ausgeschrieben, z.B. hebben (haben), Menen (Meinung).
b) Das Konjugations-t (Beugungs-t) nach auslautendem t-Laut wird jedoch nicht mitgeschrieben, z.B. wi smiet (wir schmeißen, werfen) wie ik smiet (ich schmeiße, werfe), wi sett (wir setzen) und he sett (er setzt) wie ik sett (ich setze).
Das gilt auch nach auslautendem -dd, z.B. wi pedd (wir treten) wie ik pedd (ich trete).
c) Eventuelle Abschleifungen, z. B. des t und d werden möglichst nicht berücksichtigt, z.B. du büst (du bist), Böst (Bürste), Nacht, Steed (Stätte), ik baad (ich bade), Lüüd (Leute).
Das gilt auch, wenn der Auslaut in den Inlaut gerät, z.B. Bösten (Bürsten), Steden (Stätten), wi baden (wir baden)
1956: Endsilben werden ausgeschrieben (hebben). Auch Beugungs-t nach auslautendendem t-Laut werden mitgeschrieben (ik sett, he sett´t, wi sett´t; ik smiet, wie smiet´t). Abschleifungen werden möglichst nicht berücksichtigt (du büst)
5. [Vokallänge in offener Silbe]
2002: a) Die Länge des Vokals in offener (d.h. mit dem Vokal endenden) Silbe wird nicht bezeichnet, z.B. Straten (Straßen), es sei denn, dass die entsprechende hochdeutsche Form ein Dehnungs-h hat, z.B. Sahlen (Sohlen).
b) Das lange i in offener Silbe wird ie geschrieben, sofern nicht im Hochdeutschen einfaches i steht, z.B. Bibel oder im Niederdeutschen ein Dehnungs-h steht (s. Ziffer 3)
1956: Die Länge des Selbstlauts in offener Silbe wird nicht bezeichnet, es sei denn, daß die entsprechende hochdeutsche Form ein Dehnungs-h hat. Das lange i in offener Silbe wird ie geschrieben, sofern nicht im Hochdeutschen ein einfaches i steht (Tide, Bibel).
6. [Vokallänge in geschlossener Silbe]
2002: a) Die Länge des Vokals (Selbstlauts) in geschlossener Silbe (d.h. mit einem Konsonanten (Mitlaut) endender Silbe) wird durch Verdoppelung des Vokals bezeichnet, z.B. Straat (Straße), und bei i durch ie signalisiert, z.B. Tiet (Zeit).
b) Auch die Umlaute ä, ö, ü unterliegen der Verdoppelung, z.B. dääglich (täglich), de Bööm (die Bäume), de Schüün (die Scheune).
d) [!] Die Verdoppelung entfällt jedoch, wenn ein Dehnungs-h zu setzen ist, z.B. Hahn, oder wenn ein kurzer, vor r stehender Vokal durch e-Abfall lang wird, z.B. Sorg (Sorge)
1956: Die Länge des Selbstlaute in geschlossener Silbe wird durch Verdoppelung des Selbstlautes, bei i durch ie bezeichnet. Ist nach § 3 ein Dehnungs-h zu setzen, so entfällt die Verdoppelung (Straat, Straten, Hahn, Höhner).
Auch die Umlaute ö und ü unterliegen der Verdoppelung; ä kann verdoppelt werden (de Bööm, de Schüün, dääglich, däglich).
7. [mono- und diphthongisches e und ö]
2002: Monophthongisches (einlautiges) und diphthongisches (zweilautiges) e und ö werden im Schriftbild nicht unterschieden, z.B. Deel (einlautig = Diele und zweilautig = Teil), ferner Köök (einlautig = Küche) und gröön (zweilautig = grün).
1956: Bei der Unterscheidung von einlautigem und zweilautigem e bestehen folgende Möglichkeiten:
a) keine Unterscheidung (Deel = Diele, Deel = Teil)
b) ä für das einlautige e (Däl bzw. Dääl = Diele, Deel = Teil)
c) ȩ für das einlautige e (Dȩl = Diele, Deel = Teil).
Auch bei der Unterscheidung von einlautigem un zweilautigem ö bestehen 3 Möglichkeiten:
a) keine Unterscheidung (Köök, gröön),
b) einlautiges ö wird oe geschrieben (Koek, aber gröön)
c) einlautiges ö wird ǫ̈ (im Original mit Unterhaken nach links, hier (in utf8) nicht darstellbar) geschrieben (Kǫ̈k, aber gröön)
8. [keine Verdoppelung]
2002: In kurzen, wenig betonten Wörtern und in unbetonten Suffixen (Endsilben) unterbleibt die Verdopplung, z.B. blot (nur) aber bloot (nackt), gor (gar, sehr), aber goor (gar, gekocht), los (los), aber loos (lose), wol (wer), aber woll (wohl), ferner dor (dort), för (für), mal, ok (auch), vör (vor), ut (aus), -bor (-bar), -sam, -dom (-tum), ebenso in en (ein) als Artikel, aber een (ein) als Zahlwort.
1956: In kurzen, wenig betonten Wörtern und in unbetonten Nachsilben unterbleibt die Verdopplung (blot = nur, aber bloot = nackt, dar, dal, för, gar, los, mal, ok, vör, ut, -bar, -sam, -dom), ebenso in en als Geschlechtswort.
9. [diphthongisches auslautendes e]
2002, 1956: Das auslautende diphthongische (volltonige) e wird, falls es nicht durch ein h als lange bezeichnet wird, verdoppelt, z.B. Snee (Schnee), dree (drei), Snackeree (Gerede)
1956 Das auslautende diphthongische (volltonige) e wird, falls es nicht durch ein h als lange bezeichnet wird, verdoppelt, (Snee, dreee, Snackeree)
10. [kurze Vokale]
2002: Kürze des Vokals (Selbstlauts) wird durch Verdoppelung des nachstehenden Konsonanten (Mitlauts) bezeichnet, falls nicht eine Konsonantenverbindung folgt, z.B. Katt (Katze), Kopp (Kopf), Snack (Spruch, Gespräch), gramm (gram, Küll (Kälte), Hoff (Hof).
Das Konjugationssuffix (die Beugungsendung) wird dabei nicht dem vorhergehenden Konsonanten zugerechnet, z. B. du bliffst (du bleibst), he gifft
1956: Kürze des Selbstlauts wird durch Verdoppelung des nachstehenden Mitlauts bezeichnet, falls nicht eine Konsonantenverbindung folgt (Katt, Kopp, Snack, gramm, Küll, Hoff).
Die Beugungsendung wird dabei nicht dem vorhergehenden Konsonanten zugerechnet (du bliffst, he gifft).
11. [keine Verdoppelung]
2002: Bei kurzen, wenig betonten Wörtern tritt die Verdoppelung nicht ein, z.B. af (ab), as (als, al (schon), bet (bis), bün (bin), dit (dies), ik (ich), sik (sich), op/up (auf), wat (was).
1956: Bei kurzen, wenig betonten Wörtern tritt die Verdoppelung nicht ein (af, as al = schon, bet, bün, dit, ik, sik, op, wat)
12. [d/t, g/ch im Auslaut]
2002: d und t sowie g und ch im Auslaut richten sich in der Schreibung nach dem Hochdeutschen, z.B. goot (gut) root (rot), Bruut (Braut), Tiet (Zeit), Beet, Gott; aber: Kind, Kleed (Kleid), Hund, Dag (Tag), Tog (Zug), weg
1956: d und t, g und ch im Auslaut richten sich in der Schreibung nach dem Hochdeutschen (goot, root, Bruut, Tiet, Bett, Gott, aber: Kind, Kleed, Hund, Dag, Tog, weg).
1956: 13. Auf Überlänge eines Selbstlauts folgt weicher Mitlaut. Die Überlänge kann durch einen Apostroph noch verdeutlicht werden (in´n Huus´, de Duuv´, de Lüüd´, Weeg´= Wiege).
2002: 13. [f/v im Anlaut]
Anlautendes v oder f entspricht dem Hochdeutschen, z.B. vör (vor), för (für), aber nach allgemeinem Schreibgebrauch schreibt man Voss (Fuchs).
1956: 14. Anlautendes v oder f entspricht dem Hochdeutschen (vör = hd. vor, för = hd für, aber nach allgemeinem Schreibgebrauch Voss = hd. Fuchs).
14. [v/b-Laut]
2002: a) Der stimmhafte v/b-Laut wird, wenn er als Reibelaut gesprochen wird, v, wenn er als klares b gesprochen wird, b geschrieben, z.B. drieven/drieben (treiben), Bedrieven/Bedrieben (Betriebe), auch wi drievt/driebt (wir treiben).
b) Nach kurzem Vokal (Selbstlaut) tritt Stimmlosigkeit ein und schreibt man ff, z.B. he drifft (er treibt).
1956: 15. Der stimmhafte v/b-Laut wird, wenn er als Reibelaut gesprochen wird, v, wenn er als klares b gesprochen wird, b geschrieben (leven/ leben). Die Schreibung f oder v im Auslaut richtet sich nach der Aussprache (Wief = einfache Länge, de Leev´ = Überlänge).
15. [v/f im Auslaut]
2002: a) Die Schreibung v oder f im Auslaut richtet sich nach der Aussprache, z.B. de Leev = Überlänge (die Liebe), leef, Bedrief, Wief, fief, scheef = einfache Länge (lieb, Betrieb, Weib, fünf, schief).
b) Konjugationsformen (Beugungsformen) von Verben mit dem stimmhaften v/b-Laut, z.B. drieven/drieben (treiben), arven/arben (erben), werden jedoch auslautend stets mit v geschrieben, z.B. ik driev (ich treibe), ik arv (ich erbe), he dreev (er treib), he arv (er erbte).
16. [Buchstabe w]
2002: w steht nur im Anlaut, z.B Water (Wasser), swemmen (schwimmen). Verbreitetem Schreibgebrauch folgend schreibt man aber inlautend w in ewig.
1956:16. w steht nur im Anlaut (Water, swemmen).
17. [g/gg - ch]
2002: gund gg bleiben in der Flexion unverändert, auch wo sie in der Aussprache zu ch wechseln (am Wortende und vor -t), z.B. seggen - he seggt (sagen - er sagt), stiegen - he stiggt (steigen - er steigt), mögen - he mag.
1956: 17. g und gg bleiben in der Biegung unverändert (seggen - he seggt, stiegen - he stiggt, mögen - he mag).
18. [Schreibung mit x]
2002: Verbreitetem Schreibgebrauch folgend schreibt man Büx (Hose), Ext (Axt), Hex (Hexe), Lex (Lektion), nix (nichts)
1956: 18. Verbreitetem Schreibgebrauch folgend schreibt man nix, fix, Büx, Hex, Lex, Ext.
19. [Fremdwörter]
2002: Fremdwörter schreibt man nach der hochdeutschen Schreibweise, wenn sie nicht typisch anders als im Hochdeutschen ausgesprochen werden, z.B. Kledaasch (Kleidung), Natschoon (Nation).
1956: 19. Fremdwörter schreibt man nach der hochdeutschen Schreibweise.